Die gegen das Coronavirus ergriffenen Maßnahmen der Behörden werden von Tag zu Tag einschneidender. So wurden u.a. im Bereich des Hotel- und Gaststättengewerbes sowie des nicht für die Grundversorgung der Bevölkerung relevanten Einzelhandels nahezu flächendeckend Betriebsschließungen angeordnet, darüber hinaus haben Kontaktverbote und Ausgangssperren das öffentliche Leben in Deutschland nahezu zum Erliegen gebracht.

Haben die betroffenen Unternehmen Gewerbeflächen angemietet und ist deren weitere Nutzung untersagt, stellt sich die Frage nach etwaigen rechtlichen Folgen einer solchen behördlich angeordneten Betriebsschließung für die Rechte und Pflichten der Mietvertragsparteien. Nachfolgend dürfen wir Ihnen hierzu einen ersten Überblick verschaffen:

Ausgangspunkt

Der Mieter trägt grundsätzlich das Verwendungs- und Ertragsrisiko der Mietsache. Er bleibt nach § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB auch dann zur Zahlung der Miete verpflichtet, wenn er aus einem in seiner Person liegenden Grund an der Nutzung der Mietsache verhindert wird.

Dagegen ist der Mieter von der Zahlung der Miete insoweit befreit, als die Mietsache einen Mangel aufweist (§ 536 Abs. 1 BGB), also die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch eingeschränkt oder gar aufgehoben ist. Dabei können grundsätzlich auch Beeinträchtigungen des vertragsgemäßen Gebrauchs durch gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen einen Mangel der Mietsache begründen. Erforderlich ist jedoch, dass die Gebrauchsbeeinträchtigung auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruht, also nicht lediglich als Verwirklichung des Betriebsrisikos des Mieters einzustufen ist.

Mietminderung wegen Betriebsschließungen?

Das Reichsgericht hat in einer Entscheidung dem Pächter eines Tanzlokals eine Mietminderung zugesprochen, nachdem die Veranstaltung öffentlicher Tänze polizeilich untersagt worden war. Das polizeiliche Verbot betreffe, so das Reichsgericht, nicht die Nutzung des Pachtgegenstandes bzw. die Fruchtziehung durch den Pächter, sondern den Pachtgegenstand selbst und beraube diesen seiner Eigenschaft als Tanzlokal.

Anders hat der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung aus dem Jahr 2011 die Beeinträchtigungen eines Gaststättenpächters durch den Erlass des Nichtrauchergesetzes beurteilt. Demnach beruhe die durch das Rauchverbot hervorgerufene Gebrauchsbeeinträchtigung nicht auf der konkreten Beschaffenheit der Pachtsache, sondern knüpfe an den betrieblichen Verhältnissen des Gaststättenpächters an. Das Nichtrauchergesetz, so weiter der Bundesgerichtshof, stelle auf nicht auf die konkreten baulichen Gegebenheiten, sondern auf die Nutzungsart der betroffenen Baulichkeiten ab und falle damit allein in das wirtschaftliche Risiko des Pächters. Entsprechend sei dieser nicht zu einer Minderung der Pacht berechtigt.

Auch vorliegend wurden Betriebsschließungen nur für bestimmte Branchen angeordnet, mithin maßgebend auf die Art der Nutzung abgestellt. Allerdings stellt sich bei solchen branchenspezifischen flächendeckend angeordneten Betriebsschließungen auch die Frage: Kann der Vermieter den vertragsgemäßen Gebrauch überhaupt noch ermöglichen, wenn die Art der Nutzung beispielsweise als Gaststätte insgesamt untersagt ist, mithin gegenwärtig der Betrieb einer Gaststätte in bestimmten Gebieten nicht zulässig ist?

Dies lässt sich derzeit noch nicht allgemein beantworten, vielmehr sind im jeweiligen Einzelfall zum einen die konkreten Regelungen des Mietvertrages beispielsweise zum Mietzweck und etwaige Vereinbarungen zur Risikoverteilung, zum anderen auch der konkrete Regelungsinhalt der behördlichen Verfügungen und dessen Begründung zu prüfen.

Anspruch des Mieters auf Anpassung der Miete?

Die Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB) begründen einen Anspruch auf Anpassung des Vertrages, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend ändern und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, sofern ein weiteres Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Allerdings fällt nach dem Bundesgerichtshof eine wirtschaftlich gewinnbringende Verwendung der Gewerberäume grundsätzlich in den Risikobereich des Mieters. Es mag zudem fraglich sein, ob die Parteien, hätten sie den Ausbruch einer Pandemie bei Vertragsschluss bedacht, eine abweichende Regelung getroffen hätten. Auch wenn damit ein Anpassungsrecht wohl eher zu verneinen sein wird, bedarf es im Ergebnis einer Prüfung des Einzelfalls.

Fazit

Weder ist die Feststellung möglich, die angeordneten Betriebsschließungen fallen in das Betriebsrisiko des Mieters und befreien ihn damit nicht von seiner Mietzahlungspflicht, noch ist die allgemeine Aussage möglich, diese führen zu einer Minderung der Miete. Dies ist im konkreten Fall anhand der mietvertraglichen Absprachen sowie dem konkreten Umfang der behördlichen Anordnung zu entscheiden.

Gerne stehen wir Ihnen bei Rückfragen hierzu sowie bei weiteren rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit den Auswirkungen des Coronavirus zur Verfügung.