Der Durchbruch in der medizinischen Forschung für einen Impfstoff gegen das Corona Virus und deren Zulassung steht Presseangaben zufolge kurz bevor und bald können die Impfungen gegen das Corona Virus beginnen. Auch wenn eine gesetzliche Impfpflicht unter bestimmten Voraussetzungen und für bestimmte Gruppen der Bevölkerung denkbar wäre, was auch durch eine aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Masern-Impfpflicht bei Kindern bestätigt wurde, will es die Politik nach derzeitigem Stand bei einer Freiwilligkeit der Impfungen gegen das Corona Virus belassen. Eine gesetzliche Verpflichtung, sich impfen zu lassen, besteht demnach nicht.
Kann aber ein Arbeitgeber zur Eindämmung der Corona-Pandemie eine Verpflichtung zur Impfung seiner Arbeitnehmer einführen? Diese Frage werden sich derzeit einige Unternehmen stellen.
Grundsätzlich ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitsplatz auf Gefährdungen hin zu beurteilen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu treffen. Ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes eine erhöhte Infektionsgefährdung, müssen geeignete Schutzmaßnahmen vom Arbeitgeber ergriffen werden, wozu auch Impfungen gehören können. Eine Beschäftigung an bestimmten Arbeitsplätzen kann vom Arbeitgeber daher mit dem Nachweis eines entsprechenden Impfschutzes verbunden werden, wie etwa bei Krankenhäusern, Ärzten und bei Tätigkeiten mit Risikogruppen (bspw. Altenheime). Diese Fallkonstellation wird aber vorliegend aufgrund der generellen Gefährdungslage der Corona-Pandemie allenfalls in wenigen Arbeitsfeldern vorliegen. Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie werden vom Arbeitgeber bereits durch die entsprechenden Corona-Verordnungen und die konkretisierende SARS-CoV-2 Arbeitsschutzregel (vgl. dazu unseren Beitrag vom 14.08.2020) Arbeitsschutzmaßnahmen gefordert, wie etwa die Veranlassung zum regelmäßigen Händewaschen, Lüften oder Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes.
Das allgemeine Direktionsrecht nach § 106 Gewerbeordnung kann eine generelle Impfanordnung des Arbeitgebers ebenfalls nicht rechtfertigen. Teilweise wird eine Impfpflicht wegen der Gefahren der Pandemie aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers abgeleitet. Nicht zu verkennen ist aber der mit einer Impfung verbundene Eingriff in die Grundrechte des Arbeitnehmers. Auch die durch einen Arzt vorgenommenen Impfungen stellen – unabhängig von eventuellen Risiken und Nebenwirkungen – einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Betroffenen dar, der gerechtfertigt sein muss, damit es sich nicht um eine strafbare (vorsätzliche) Körperverletzung (§ 223 StGB) handelt. Insofern ist die Einwilligung der Betroffenen die wichtigste aller Rechtfertigungen oder aber die – vorliegend nicht beabsichtigte – gesetzliche Grundlage für eine Impfpflicht.
Liegt beides nicht vor, kann eine Impfung somit grundsätzlich nicht einseitig vom Arbeitgeber angeordnet werden. Der Arbeitgeber müsste für eine arbeitsrechtlich wirksame Anordnung einer Impfpflicht im Übrigen darlegen können, dass er den Arbeitnehmer ohne die Impfung aufgrund gesundheitlicher Folgen nicht länger beschäftigen kann, was insbesondere wegen der zahlreichen milderen und dennoch effektiven Schutzmaßnahmen, die aktuell bereits umgesetzt werden, nur in Ausnahmefällen möglich sein dürfte. So haben sich in Unternehmen zur Vermeidung von Infektionen die allgemeinen Schutzmaßnahmen, wie Abstandhalten, Maskenpflicht, Belüftungsanlagen oder auch Organisation von Wechselschichten in Verbindung mit Home Office Tätigkeiten durchaus etabliert und als effektiv erwiesen. Insofern wird es auch im Arbeitsbereich – von wenigen Ausnahmefällen abgesehen – bei rein freiwilligen Impfungen verbleiben.
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